Hanna Blumenschein

Haushaltsrede 2021

von unserer Fraktionsvorsitzenden Hanna Blumenschein

Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrter Herr Bürgermeister, liebe KollegInnen, Gäste und Pressevertreter,

nach dem zurückliegenden ersten Pandemiejahr haben wir nun die herausfordernde Aufgabe einen Haushalt für das Jahr 2021 zu beschließen. Corona beeinflusst weiterhin alle Lebensbereiche, sowie das gesellschaftliche Leben und die Wirtschaft in allen Bereichen und allen Teilen des Landes. Schon heute sind weltweit mehr als 100 Mio. Menschen infiziert und mehr als 2,5 Mio Menschen gestorben.

Aktuell weiß keiner wie es weiter geht. Wir befinden uns seit Dezember erneut im Lockdown, mit vorangegangenem Lockdown-light im November. Ganze Branchen können nicht arbeiten und befinden sich in einer ungewissen Warteschleife. Die Menschen sind ausgelaugt, fürchten um ihre Gesundheit und ihre wirtschaftliche Existenz. Wie viele Firmenpleiten und Jobverluste die Corona-Pandemie zu verantworten haben wird, ist jetzt noch nicht abzusehen. Man muss aber sehr naiv sein, davon auszugehen, dass irgendwann alles wieder so ist wie es einmal war. Die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie werden uns noch über Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte begleiten und wir müssen lernen mit ihnen umzugehen und unser Haushalten daran anzupassen. Nur so haben wir eine Chance, unseren Wohlstand und unsere Lebensqualität vielleicht erhalten zu können.

Der heute zur Abstimmung stehende Haushaltsentwurf für Einhausen ist der 6. ausgeglichene Haushalt in Folge. Dass wir zu diesem Ergebnis kommen konnten, verdanken wir unserer Verwaltung, die unter den bestehenden Bedingungen gute Arbeit geleistet hat. Hierfür gebührt allen Beteiligten Dank und Anerkennung!

Die Zahlen liegen uns allen vor und können jederzeit nachgelesen werden. Daher werde ich jetzt an dieser Stelle nicht auf alle Posten eingehen (das haben meine Vorredner jetzt auch schon zu Genüge getan).

Auch Ihnen, Herr Glanzner, vielen Dank dafür, dass Sie sich im Rahmen der Haushaltsberatung die Zeit genommen haben unsere Fragen weitestgehend zu beantworten. In diesem Rahmen haben Sie gesagt, dass der vorliegende Haushaltsentwurf davon geprägt ist, dass die Verwaltung verhalten optimistisch in die Zukunft blickt. – Genau das hat die Bundesregierung mit Hinblick auf die Corona-Entwicklung im letzten Sommer auch noch getan und jeder weiß, wohin das geführt hat.

Aber trotzdem, Fakt ist: der Etat ist ausgeglichen. Mit einem knappen Überschuss von 27.000€ können wir also sagen, alle formalen Vorgaben sind erfüllt, der Haushalt ist ausgeglichen. Allerdings sind wir nun zum ersten Mal wieder an dem Punkt, an dem die liquiden Mittel nicht mehr reichen, um unsere Kredite zu bedienen.

Dennoch: Wir können uns das, was wir aktuell haben, noch leisten. Das ist angesichts der derzeitigen Lage und mit Hinblick auf viele, bereits jetzt schon hochverschuldete Kommunen wirklich eine solide Basis für Einhausen und zeigt, dass in der Vergangenheit vieles richtig gemacht wurde. Es liegt jetzt in unserer Verantwortung, alles dafür zu tun, diesen stabilen Zustand zu erhalten. Liebe Anwesende, dass wird eine Mammutaufgabe für uns alle!

Darum müssen wir uns jetzt zunächst einmal fragen, wie valide und aussagekräftig sind denn die vorliegenden Zahlen tatsächlich? Ein Haushaltsentwurf stellt immer nur eine Momentaufnahme dar. Wie in jedem Jahr basieren alle Berechnungen auf den vorgegebenen Planzahlen des Landes Hessen.

Die Haupteinnahmequelle für unsere Gemeinde sind die Einkommens- und die Gewerbesteuer. Da wird nun tatsächlich für die Jahre 2021-24 in beiden Bereichen von einer Steigerung ausgegangen, im Bereich der Gewerbesteuer von 17% und das liegt schon unterhalb der Planzahlen vom Land. Geht man hier gar von einem Wachstum von 23,5% aus. Hier muss ich sagen, das halten wir, die  GRÜNEN-Fraktion für Utopie. Einhausen ist keine unabhängige einsame Insel, auf die die kommende Wirtschaftskrise, die Firmenpleiten und Jobverluste keine Auswirkungen haben wird. Wir müssen daher zunächst einmal davon ausgehen, dass unsere Einnahmen in den kommenden Jahren zurückgehen werden. Mit Hinblick darauf, dass wir jetzt gerade so einen ausgeglichenen Etat haben, sollte uns das schon einmal Anlass zur Sorge und zum Nachdenken geben, oder zumindest jetzt mal nicht allzu „verhalten optimistisch“ in die finanzielle Zukunft unserer Gemeinde schauen lassen.

Heute können wir noch nicht einmal sagen, wie sich die Pandemie auf den Haushalt  2020 ausgewirkt hat und wie der Jahresabschluss tatsächlich ausfällt.

Wird das Land Hessen für uns den Gebührenausfall bei den Kitas übernehmen? Vielleicht! Hoffentlich… Wie viele Einhäuser BürgerInnen sind von Kurzarbeit oder gar Arbeitslosigkeit betroffen und zahlen weniger Einkommenssteuer? Es werden einige dabei sein. Konnten die meisten ortsansässigen Betriebe tatsächlich Gewinne generieren? Zumindest die Frisöre, die Gastronomie und der Einzelhandel wohl eher nicht.

Und nebenbei angemerkt: Unser Hallenbad soll laut Haushaltsentwurf nur einen Rückgang von 500 Euro bei den Eintrittsgeldern haben? Ich weiß Herr Glanzner, es sind nur vorläufige Zahlen aus Teilbereichen…

Das Fazit aus alledem? Der Entwurf des Haushaltsplanes 2021 ist in seinen Einnahmen und Ausgaben keine belastbare Planungsgrundlage für das nächste Jahr. Die Auswirkungen der aktuellen Krise sind längerfristig nicht wirklich mit ihren Effekten auf die kommunalen Finanzen einzuschätzen. Wie im abgelaufenen Jahr 2020 werden die Kreise, Städte und Gemeinden auch im nächsten Jahr auf Unterstützung durch Bund und Land angewiesen sein.

Wie können wir uns jetzt also so gut wie möglich absichern? Es bleibt dabei, dass wir die Entwicklungen unserer Einnahmen nur schwer beeinflussen können, es sei denn, wir erhöhen Steuern und Gebühren und belasten damit unsere BürgerInnen noch zusätzlich. Für das kommende Jahr sind aktuell keine Steuer- und Gebührenerhöhungen vorgesehen, um den Haushalt stabil zu halten. Das ist gut so und dieser Kurs muss unbedingt so lange wie möglich beibehalten werden.

Trotzdem können wir etwas für die finanzielle Stabilität für Einhausen tun, und zwar indem wir unsere Investitionen verantwortungsvoll tätigen. Hier haben wir nämlich die Möglichkeit, Einfluss auf die künftige Finanzlage zu nehmen.

Es liegt auf der Hand, dass wir auch weiterhin Investitionen tätigen müssen, um unseren Bestand zu erhalten, den Bedarfen der Bevölkerung gerecht zu werden und unserer Verantwortung zur Gewährung von Sicherheit und Lebensqualität nachzukommen. Also ja zu Investitionen, aber nur unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit und der Verantwortbarkeit.

Wir müssen uns nun also ganz klar darauf fokussieren, welche Investitionen aktuell nötig sind, also die „Must-Haves“. Eine Gemeinde hat Pflichtaufgaben zu erfüllen, wie z.B. Kindergarten und Brandschutz, solche Projekte haben auf jeden Fall Priorität.

Wir haben für Einhausen aktuell 3 „Großprojekte“ im Haushaltsentwurf abgebildet:

1. 2 neue Kindergärten

2. die Ortsmittelpunktgestaltung / zu der auch das dritte wesentliche Investitionsobjekt gehört: die Bürgerhaus „Sanierung

Kitas:

Zunächst einmal zu den beiden neuen Kitas. Keine Frage, die benötigen wir und die müssen wir auch in diesem Jahr realisieren. Kinderbetreuung gehört nicht nur zu unserer Pflichtaufgabe und hat oberste Priorität, sondern unsere Kinder sind uns eine Herzensangelegenheit.

Es ist auch wirklich eine gute Maßnahme, Planung und Bau von beiden Einrichtungen zusammen zu legen, um so Synergieeffekte zu nutzen.

Hier möchten wir als Fraktion darauf hinweisen, dass im aktuellen Haushaltsentwurf vier weitere Stellen für Kita-MitarbeiterInnen eingeplant wurden. Das ist schon mal gut, es wird jedoch deutlich mehr personellen Bedarf geben, wenn die gänzlich neue Kita vier Gruppen bereitzustellen hat. Die künftigen Haushalte werden demnach deutlich steigende Personalkosten berücksichtigen müssen. Das müssen wir bei unseren Planungen berücksichtigen. Hier würden wir uns mehr Transparenz in der Planung wünschen, (nicht nur hier, sondern für alle großen Investitionsprojekte) nicht nur die Baukosten mit den folgenden Abschreibungen, Zinsen und Tilgungen, sondern auch eine Planung der anfallenden Kosten in den Folgejahren, wie Personalkosten, Wartungsarbeiten und Instandhaltungskosten, sollte frühzeitig transparent für die Planungen zur Verfügung stehen.

Wir hoffen, dass für die Kita-Neubauten die Fördergelder des Landes tatsächlich so ausgezahlt werden, wie sie der Gemeinde in Aussicht gestellt wurden. Sollte hier der „Worst-Case“ eintreffen, kommen wir tatsächlich nicht drumherum, die Kosten für die Neubauten durch Rücklagen oder Kredite zu finanzieren. Das tragen wir als GRÜNE-Fraktion dann natürlich auch mit.

Weschnitzsteg:

Es bleibt leider nicht aus, dass ich bei den Investitionen auch noch einmal auf das allseits beliebte Thema Schulsteg zurückkommen muss. Der Ersatzneubau des Schulstegs wurde von der CDU- und SPD-Fraktion ebenfalls als „Must-Have“ eingestuft, beschlossen und nun wohl auch realisiert. Das will ich jetzt hier in diesem Rahmen auch nicht mehr in Frage stellen. Unsere Haltung zu dem Projekt ist allen Anwesenden bekannt und wir haben ja auch gegen den Ersatzneubau gestimmt, das muss ich jetzt nicht alles erneut darlegen. Was aber wirklich im Rahmen der Haushaltsrede erwähnt werden muss ist, dass im Rahmen der Argumentation für den Ersatzneubau am neuen Standort immer von Gesamtkosten im Rahmen von 425.000 – 430.000 Euro gesprochen wurde. Wir haben mehrfach gefragt, ob hier auch schon die Kosten für die örtlichen Umgestaltungen, die eine Versetzung des Stegs erforderlich machen, berücksichtigt sind. Jedes mal haben wir die Antwort bekommen, dass dies der Fall sei. Das steht auch so im Protokoll zur GVE Sitzung im Dezember 2020.

Im Jahr 2019 wurden bereits 325.000€ für den Schulsteg in den Haushalt eingestellt. Für 2021 sind jetzt nochmal 150.000€ vorgesehen. Wir sind also jetzt bei veranschlagten Gesamtkosten von 475.000€. Das sind also doch 50.000 Euro mehr, als das, was die Grundlage zur Entscheidungsfindung für den Ersatzneubau an anderer Stelle war.

Wir haben Sie, Herrn Glanzner, in unserer Haushaltsberatung gefragt, mit was sich die 50.000€ begründen. Ihre Antwort war, das sind die Mittel, die zur örtlichen Umgestaltung eingesetzt werden sollen. Das lasse ich jetzt einfach mal so stehen und wirken.

Fördergelder:

Der Schulsteg ist aber auch ein Paradebeispiel für das Dilemma mit den Fördergeldern, die von Ihnen allen hier immer wieder als Allheilmittel für unsere klamme Gemeindekasse bei notwendigen Investitionen angepriesen werden. Fördergelder sind nicht nur Geschenke, sie führen auch zu Abhängigkeiten, schränken unsere Gestaltungsfreiheit ein und binden Ressourcen, das haben Sie Herr Glanzner uns selbst bestätigt: Um Sie zitieren zu dürfen „Es war nicht unser Wunsch eine 4 m breite Brücke zu bauen!“

Die Vorgaben nun einen 4m breiten Steg bauen zu müssen, sind der Förderwürdigkeit geschuldet. D.h. wir gestalten unsere Projekte nicht nach den Maßgaben der Sinn- und Notwendigkeit, sondern danach, was förderwürdig ist. Wir geben schlichtweg unseren Gestaltungsspielraum zu wesentlichen Teilen aus der Hand! Und das bereits schon dann, wenn noch nicht einmal feststeht, ob wir die angekündigten 70% Förderung überhaupt erhalten.

Es darf auch nicht vergessen werden, dass die Auszahlungen für Investitionen für die Schaffung von Vermögensgegenständen immer zu Abschreibungen führen, die den Ergebnishaushalt belasten, auch wenn es Geldgeschenke waren. Nicht zu vergessen Zinsen und Tilgung, wenn unser Eigenanteil Kreditfinanziert werden muss.

Langfristig führen Investitionen aus Fördermitteln sogar zu einem schrumpfen des Kapitalstocks. Wie heißt es nicht umsonst: „Noch so ein Geschenk und wir sind pleite…“

Fördermittel belasten zunächst nicht den Ergebnishaushalt, O.K das ist gut. Allerdings führen sie zu  Abschreibungen und das Faszinierende dabei ist zunächst, dass die Fördermittel die Höhe der tatsächlichen Abschreibungen senken, also den Ergebnishaushalt entlasten, da hier die Sonderpostenregelung ins Spiel kommt. Das heißt für die Fördermittel werden sogenannte Sonderposten gebildet, die dann jährlich aufgelöst werden und in den Ergebnishaushalt als Erträge auftauchen. Dadurch muss nur noch die Differenz aus Abschreibung und Erträgen (Netto-Abschreibung) aus aufgelösten Sonderposten erwirtschaftet werden. Hört sich doch zunächst gut an. Aber nach Ablauf der Nutzungsdauer des jeweiligen Vermögensgegenstandes steht somit aber de facto nur noch der Eigenanteil an der Investition tatsächlich für die Reinvestition zur Verfügung und nicht der eigentlich notwendige Wert für die Investition zur Erhaltung des Kapitalstocks, er schrumpft also gewissermaßen sogar durch die Fördermittel.

Mit diesen Hinweisen möchte ich nicht grundsätzlich die Inanspruchnahme von Fördermitteln in Frage stellen – bei notwendigen Projekten wie den Kitas ist ihre Inanspruchnahme durchaus gerechtfertigt – sondern davor warnen, sich von in Aussicht gestellten Fördermitteln zu nicht zwingend notwendigen Investitionen verleiten zu lassen.

Bürgerhaus:

An diesem Punkt muss die geplante Sanierung des Bürgerhauses unter die Lupe genommen werden. Wir haben heute im Haupt- und Finanzausschuss den Antrag gestellt, diese Investition zurück zu stellen. Leider konnten sich die anderen Fraktionen nicht dazu durchringen hierbei mitzugehen.

Ja, auch wir GRÜNE sehen, dass das Bürgerhaus zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr die Ansprüche erfüllt, die unsere gewachsene Gemeinde an es stellt. Dazu kommt natürlich, dass Vieles in die Jahre gekommen ist und der Sanierungsbedarf tatsächlich gegeben ist.

Es ist gut möglich, dass die Küche bald nicht mehr nutzbar ist. Trotzdem sagen wir: In Anbetracht der aktuellen Lage muss diese Investition vorübergehend zurückgestellt werden (nicht gestrichen) bis wir verlässlichere Zahlen haben, wie sich die Corona-Pandemie auf unsere Einnahmen auswirken wird.

Wir wissen, dass das Bürgerhaus bisher ein fester Bestandteil des Einhäuser Vereins- und Veranstaltungslebens ist und viel und gerne genutzt wird. Sollte es wirklich soweit kommen, dass es aus baulichen-, brandschutz- oder gesundheitlichen- Gründen nicht mehr genutzt werden kann, haben wir im Ort aber Alternativen!

Wir verfügen über zwei vollausgestattete Veranstaltungshallen! Vogelshow und Hobbykünstlermarkt können hier genauso gut stattfinden wie bisher im Bürgerhaus, um nur zwei Beispiele zu nennen. Die Mehrzweckhalle verfügt über eine top-moderne Küche, die für Großveranstaltungen ausgelegt ist. Hiervon konnte mich Herr Arnold bei der Halleneinweisung eindrucksvoll überzeugen.

Außerdem verfügen Mehrzweckhalle und Turnhalle über Räumlichkeiten, in denen kleinere Veranstaltungen oder auch Vereinssitzungen stattfinden können. Auch wir als Gemeindevertreter nutzen sie doch bereits.

Und für den Schützenverein würden wir bestimmt auch eine Lösung finden.

Planungen:

Die geplanten Aufwendungen für die Sanierung des Bürgerhauses – wenn wir ein Abreißen bis zum Keller wirklich Sanierung nennen wollen – werden nach der ursprünglichen Prognose von 3.6 Millionen Euro, im vorliegenden Haushaltsentwurf folgendermaßen prognostiziert:

2021                1.265.000 €

2022                2.000.000 €

2023                2.000.000 €

2024                600.000 €

Natürlich spekuliert die Gemeinde auch hier auf Fördergelder. Aus eigenen Mitteln können wir uns eine solch hohe Investition schon lange nicht mehr erlauben. Zudem gehen wir eine Vermächtnisverpflichtung ein, also eine Verpflichtung, die in künftigen Haushaltsjahren zu Aufwendungen bzw. Auszahlungen führen. Das ist gängige Praxis bei solchen Investitionsprojekten, aber kann man das gegenwärtig verantworten?

Auch hier, wie bei den Kitas bereits erwähnt, fehlt uns eine Planung bezüglich der zu erwartenden Folgekosten für die Unterhaltung des Bürgerhauses, denn die müssen wir alleine tragen, dafür gibt es keine Fördergelder. An dieser Stelle möchten wir auch auf den §12 GemHVO Absatz 2 verweisen, der Ihnen ja bestimmt auch allen bekannt ist zum Thema Investitionen.

Ob nun mit oder ohne Fördergelder, zum gegenwärtigen Zeitpunkt können wir als GRÜNE-Fraktion einem Haushaltsentwurf, der einen solch hohen, nicht zwingend notwendigen Investitionsposten enthält, nicht zustimmen und werden heute dementsprechend gegen den Entwurf stimmen müssen. Wir sind schlicht nicht risikofreudig genug, die Überschuldung unserer schönen Gemeinde durch „Nice-to-Have“-Projekte voran zu treiben. Wir als einzig wirkliche Oppositions-Partei in Einhausen müssen hier an Vernunft und Nachhaltigkeit erinnern!

Wie wollen wir uns denn künftig finanzieren und weiterhin ausgeglichene Haushalte möglich machen? Ja, wir können uns weiter Gelder leihen. Die Zinsen sind auf einem historischen Tief, aber wisst ihr was, liebe GenossInnen der SPD, egal wie niedrig die Zinsen sind, geliehene Gelder müssen zurückgezahlt werden.

Seit 2013 werden von Haushaltsentwurf zu Haushaltsentwurf die veranschlagten Summen für Neukredite immer höher. Investitionen werden mit immer weniger Eigenkapital getätigt. Die Überschüsse, die die Gemeinde erwirtschaftet, sind also nicht mal im Ansatz ausreichend, um Investitionen aus Eigenleistung zu tätigen!

Aktuell liegt das Verhältnis bei den Investitionen von Eigenkapital zu Kredit bei 1:10.

In den letzten Jahren ist die pro-Kopf-Verschuldung in Einhausen rapide angestiegen. Wer wagt das kritisch zu erwähnen, bekommt entgegengehalten, dass aber doch auch das Anlagevermögen pro-Kopf gestiegen ist. Prozentual ist das Anlagevermögen um ca.10% gestiegen, die pro-Kopf-Verschuldung nur „unwesentlich“ mehr um ca. 60%.

Dieses Gegenargument hinkt für uns aber nicht nur deswegen gewaltig. Natürlich steigt nach getätigten Investitionen das Anlagevermögen. Wir verbrennen das Geld ja auch nicht. Allerdings besteht das Anlagevermögen unserer Gemeinde eben aus Dingen wie dem Bürgerhaus, zwei Veranstaltungshallen usw. Diese könnten wir im Bedarfsfall gar nicht veräußern, um wieder Liquidität zu erlangen, weil sich Turnhallen und Bürgerhäuser schlecht verkaufen lassen. An wen denn? Das Anlagevermögen ist somit eigentlich nur ein Schaufensterargument, ermöglicht es aber gute Konditionen für Kredite zu bekommen.  Fraglich ist auch, ob jede BürgerIn eine Steigerung des persönlichen Glücksempfindens durch sein Anlagevermögen in der Gemeinde hat. Nicht jeder profitiert von einem schönen Bürgerhaus oder einer Vorzeigeturnhalle. Die pro-Kopf-Schuldenlast ist dahingegen für jeden und jede Einzelne ganz real.

Bei der Schaffung von Anlagevermögen muss jetzt und künftig unbedingt der tatsächliche Bedarf berücksichtigt werden. Hätten wir 10 vollausgestattete Hallen, wäre auch das Anlagevermögen entsprechend höher. Einen realen Nutzen hätten wir davon trotzdem nicht!

Alles was wir hier im Ort neu schaffen, ist nicht mit einmaligen Investitionen abgeschlossen. Immer entstehen Folgekosten und finanzielle Belastungen, wie ich bereits schon mehrfach erwähnt habe. Sei es durch Personalaufwendungen, Wartungs- und Instandhaltungskosten oder eben schlicht durch die Abschreibungen.

Wie bereits angeführt, unsere Verbindlichkeiten und Betriebskosten werden auch ganz unabhängig von Corona in den kommenden Jahren steigen. Wie wollen wir das finanziell ausgleichen?

Nach Einschätzung der GRÜNEN-Fraktion ist das nur über weiteren Bevölkerungszuwachs in Verbindung mit neuen Neubaugebieten und der Steigerung der Einnahmen der Gewerbesteuer durch zusätzliche Industriegebiete möglich.

Liebe KollegInnen, wir wollen gleich noch zusammen die Resolution zur Verringerung des Flächenverbrauchs beschließen. Wenn wir tatsächlich den eingeschlagenen Weg weiterverfolgen, werden wir bei Lippenbekenntnissen zur Reduzierung des Flächenverbrauches bleiben müssen. Wir werden uns den Naturschutz schlichtweg nicht leisten können! Dann ist es schön, wenn wir Klima-Schutz-Kommune sein möchten, aber keine entsprechenden Maßnahmen ergreifen können, weil uns schlichtweg die finanziellen Mittel fehlen! Der von allen Fraktionen einstimmig geforderte Umweltschutz wird uns Geld kosten, das wir einplanen und bereithalten müssen. Das scheint mir noch nicht bei allen angekommen zu sein.

Bereits zum Haushaltsentwurf 2020 hieß es, dass dieser für lange Zeit der letzte mit solch hohen Investitionen sein wird. Nun Herr Bürgermeister führen Sie an, dass die Investition Bürgerhaus früher dringlich geworden sei, als zunächst gedacht. Wissen Sie was dann im nächsten Jahr dringlich werden wird? Die Sanierung des Feuerwehrhauses! Und die wird im Gegensatz zur Bürgerhaussanierung keinerlei Aufschub dulden, denn Brandschutz gehört zu unseren Pflichtaufgaben und ein Ersatzfeuerwehrhaus haben wir noch nicht in unserem Anlagevermögen.

Im schlimmsten Falle brauchen wir dann wieder ein Haushaltsicherungskonzept.

Wo wollen wir dann sparen? Erhöhen wir dann drastisch Steuern und Abgaben? Müssen wir uns dann vom Hallenbad verabschieden, dass insbesondere für die jüngsten und ältesten Einhäuser einen wesentlichen Beitrag zur Lebensqualität leistet? Sparen wir dann an den Aufwendungen der Bücherei?

Wir leisten uns in Einhausen viel, um eine hohe Lebensqualität zu gewährleisten und den Bedürfnissen aller Bürger gerecht zu werden. Das beinhaltet sogar, dass wir auch weiterhin zwei Friedhöfe bewirtschaften.  Diese hohe Lebensqualität in Einhausen ist sehr gut und wir sollten alles daran setzen, diese auch nachhaltig zu erhalten.

Die Fraktion von Bündnis 90/die GRÜNEN lehnt den vorliegenden Haushaltsentwurf ab. Nicht weil er handwerkliche Mängel aufweist, sondern weil er schlichtweg gegenüber den kommenden Generationen, die unsere Schulden abtragen müssen, unverantwortlich ist. Unsere Kinder werden für die Zukunft ihren Handlungsspielräumen beraubt, weil wir unsere Handlungsspielräume bis zur absoluten Grenze ausgenutzt haben werden.

Vielen Dank für Ihre Aufmersamkeit!


 Anmerkungen zu: § 12 GemHVO – Investitionen

(1) Bevor Investitionen von erheblicher finanzieller Bedeutung beschlossen werden, soll unter mehreren in Betracht kommenden Möglichkeiten durch einen Wirtschaftlichkeitsvergleich unter Einbeziehung der Folgekosten die für die Gemeinde wirtschaftlichste Lösung ermittelt werden.

(2) Auszahlungen und Verpflichtungsermächtigungen für Baumaßnahmen dürfen erst veranschlagt werden, wenn Pläne, Kostenberechnungen und Erläuterungen vorliegen, aus denen die Art der Ausführung, die Kosten der Maßnahme sowie die voraussichtlichen Jahresraten unter Angabe der Kostenbeteiligung Dritter und ein Bauzeitplan im Einzelnen ersichtlich sind. Den Unterlagen ist eine Schätzung der nach Fertigstellung der Maßnahme entstehenden jährlichen Haushaltsbelastungen beizufügen.

(3) Ausnahmen von Absatz 2 sind bei unbedeutenden Maßnahmen zulässig; eine Kostenberechnung muss jedoch stets vorliegen.

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